Marmor – das weisse Gold

Granit gilt als hartes Gestein, Marmor als teures Gestein. Marmor ist wissenschaftlich betrachtet ein metamorpher Kalkstein. Die Metamorphose erfolgt in der Regel im Rahmen von Gebirgsbildungen. Bei der Umwandlung bildet sich im Kalk ein komplett neues, kristallines Gefüge aus Kalzitkristallen, das sich am starken Glitzern auf der Bruchfläche eines Marmors zeigt. Übrigens: Wenn es im Stein Fossilien gibt, dann ist es Kalk und kein Marmor, denn kein Fossil übersteht eine Metamorphose.
Aus einem rein weissen Kalkstein entsteht ein weisser Marmor. Waren im Kalkstein dunkle Bestandteile vorhanden, so finden sich diese auch im Marmor wieder, z. B. als dunkle Adern oder wolkige Tönung. Marmore haben eine starke Struktur – nicht von ungefähr kommt die Bezeichnung «Marmorkuchen» beim Kuchenbacken. Fliessstrukturen wie im frischen Teig sind auch bei Marmoren häufig, da sich die Gesteinsmasse unter Druck und Temperatur oft plastisch, wie ein frischer Teig, verformt hat.

Welcher Würfel ist aus echtem Marmor?

Echte Marmore: B Saillon, D Peccia
Keine Marmore:   A Metabasalt, E Arzo, F Kieselkalk, C Chämleten

Die «unechten» Marmore

Edle Namen wie Noir Suisse, Rouge jaspé, Arvel rose oder Brocatello d’Arzo täuschen. Dies sind alle keine echten Marmore im petrografischen Sinne. Der «Brocatello» zum Beispiel ist ein bioklastischer Kalkstein mit zahlreichen Brachiopoden, Crinoiden (Seelilien), Kalkschwämmen und Ammoniten. Früher wurden alle leicht polierbaren Steine, wie Kalkstein, Serpentinite usw. als Marmore bezeichnet.

Im Bundeshaus Bern wurden über dreissig verschiedene Natursteine aus zehn Kantonen verwendet. Nur vier davon stammen aus dem Ausland. Eine wundervolle Ausstellung von Schweizer Natursteine. Die «Marmore» in den Innenräumen wurden alle poliert. Von den gut dreissig Natursteinen sind aber nur 3 echte Marmore, nämlich die Steine von Saillon (Wallis), Grindelwald (Bern) und Carrara (Italien). Die Steine beim Eingang zum Nationalrat sind aus Chämleten Serpentin und Kalkstein aus Collombey, also keine Marmore!

Kluft, Bruch und Ader – Steine unter Druck

Die Streifen und Adern in den Gesteinen sind nicht nur oberflächlich, sondern dreidimensionale plattenförmige Strukturen, die bei spröden Gesteinsverformungen entstehen. Bei Druck-, Dehnungs- und Entlastungsbrüchen entstehen Trennflächen im Gestein.

Kluft wird ein Bruch genannt, entlang dem keine oder nur wenig Bewegung (Versatz) stattgefunden hat. Ein Bruch mit deutlichem Versatz ist eine Verwerfung.

Eine Ader entsteht, wenn sich in der Kluft oder im Bruch eine Öffnung entwickelt hat, in der sich neu gebildete Mineralien auskristallisiert haben. Diese Adern bilden Streifen und Linien an der Gesteinsoberfläche. Der Naturstein wirkt mit Adern oft minderwertig. Gebrochene Natursteine sind oft wertlos.

Wie wird ein Bruch zu einer Ader?

In der Tiefe herrscht hoher Druck. Ein Bruch in einem Gestein kann in der Tiefe nicht einfach zu einem Hohlraum werden, die Spalte würde unter dem hohen Druck kollabieren. Das in der grossen Tiefe der Erdkruste vorhandene heisse Tiefengrundwasser dringt in die Spalten ein und beginnt aus dem umgebenden Gestein gesteinsbildende Mineralien zu lösen. Bei Druckentlastung und Abkühlung beginnen die gelösten Mineralien auszukristallisieren und bilden eine Ader.

Klüfte – Arbeitsort der Strahler:innen

Normalerweise füllen die auskristallisierten Mineralien den ganzen Spaltenraum aus. Weil sich die Mineralien im Wachstum gegenseitg behindern, können sie sich nicht zu grossen Kristallen entwickeln. Wenn sich die wachsenden Kristalle nicht gegenseitig behindern, können grosse schöne Kristalle wachsen.

Hoch über der Göscheneralp begannen 1994 Paul von Känel und sein Strahlerkollege Franz von Arx in einer Kluft am Planggenstock nach Kristallen zu suchen. Es folgten elf Jahre harter Arbeit am Berg ohne spektakuläre Kristallfunde. Im Herbst 2005 stiessen die beiden Strahler auf Riesenkristalle von bisher unerreichter Grösse und Qualität – den „Schatz vom Planggenstock“. Seit 2007 arbeiten Franz von Arx und Elio Müller am Planggenstock.

Elio Müller in der Kluft 2008 am Planggenstock. Weiter Infos: www.planggenstock.ch

Ader oder Bruch?

Entlang dieser Adern gibt es keine Hohlräume. Die wilden Adern im Kieselkalk wurden im 18. und 19. Jhrd. geschätzt. Oft wurde der Kieselkalk als schwarzer Marmor bezeichnet und zierte zahlreiche Altäre in Schweizer Kirchen.

Ader oder Bruch?

Der Hohlraum im Bruch des Chämleten Serpentinit ist mit Mineralien ausgefüllt und wurde zu einer Ader. Später ist das Gestein entlang der Ader erneut gebrochen. Für Steinmetz:innen ist der Stein wertlos.

Was sind Stylolithen

Stylolithen sind feinlineare und wellig-zackige Strukturen in Sedimentgesteinen. Die sägezahnförmige zackigen Adern treten hauptsächlich in Kalksteinen auf. Wird der Kalkstein stark zusammengedrückt, lösen sich an gewissen Stellen die Mineralien auf. Daraus entsteht ein Bruch.

Findest du die Stylolithen? Die zwei Würfel sind aus Jurakalk. Bei diesen Steinen treten oft Stylolithen auf. Findest du die gezackten Risse?

Schichtung oder Schieferung?

Die Schichtung und die Schieferung gehen von grundsätzlich unterschiedlichen Prozessen hervor. Die Schichtung ist eine sedimentäre Ablagerungsstruktur. Schichtungen stammen aus wechselnden Sedimentationen. Die Schichtungen können sich in den Korngrössen unterscheiden (Ton- und Sandsteinlagen).

Die Schieferung ist eine Gesteinsverformungsstruktur, die bei der Metamorphose von Gesteinen entsteht. So werden Schichtsilikate (zum Beispiel Glimmer) senkrecht zum grössten Druck oder entlang einer Scherfläche in einer Ebene konzentriert und eingeregelt. Die Schieferung kann sich als parallele, flaserige, wellige oder linsige Strukturen zeigen (Biotitgneise, Augengneise usw.).

Wie entsteht eine Schieferung?

Die Steine werden nicht einfach flachgedrückt. Die Steine haben eine unterschiedliche Plastizität bei unterschiedlichen Temperaturen und Drücken. Schichtsilikate (z.B. Biotit) neigen dazu, sich unter tektonischer Belastung durch eine Neukristallisation flächig einzuregeln. Quarz und Feldspäte bleiben eher körnig. Diese stoffliche Differenzierung führt dazu, dass Gneise oftmals durch abwechselnd hellere und dunklere Lagen charakterisiert sind. In der Geologie heisst das Foliation.

Wieso lassen sich Gneise gut spalten?

Die Spaltbarkeit des Gneis hängt von der Anzahl und Verteilung der blättrigen Glimmerminerale (z.B. Biotit) ab – je gleichmässiger diese Schichtsilikate in parallelen Lagen angeordnet und ausgerichtet sind, desto leichter lässt sich der Gneis spalten.

Der Calanca Gneis ist entlang der Schieferung sehr leicht spaltbar.

Vom „Schiefern“ und vom Schieferdach

Der Name Schiefer stammt aus dem mittelhochdeutschen Wort „Schiver“ und wurde vor allem von Bergleuten des Mittelalters verwendet, um den Charakter einiger Steine zu beschreiben, die bei Bearbeitung oder Beanspruchung in Splitter bzw. Platten zerfallen.

Die leicht spaltbaren Steine werden oft als Schieferplatten für die Dachbedeckung verwendet.

Wer hat bei einem Ausflug an einen See nicht schon einmal Schiefer-Steine über das Wasser springen lassen?

Welcher Würfel ist Granit – welcher Gneis?

Der obere Würfel besteht aus Aaregranit. Der untere Würfel besteht aus Calanca Gneis. Die «eingeregelten» Biotite sind gut sichtbar.

Steinkörner oder Mineralien?

Magmatische und metamorphe Gesteine bestehen aus verschiedenen Mineralien. Sedimentgesteine bestehen aus verschiedenen Steinkörner, wobei jedes Korn aus einem einzelnen Gestein oder zum Beispiel aus Bruchstücken von Schalen und Skeletten von Fossilien aufgebaut ist.

Aber was hält die einzelnen Mineralien und Körner zusammen?

Die Mineralien in einem Magmatit werden durch eine rein mechanische, spannungsfreie Verzahnung zusammengehalten. Die Mineralien sind ineinander verkeilt. Bei der langsamen Abkühlung eines Magmas kristallisieren die einzelnen Mineralien aus. Durch das langsame Auskristallisieren verwachsen die Mineralien ineinander. Der am Schluss des Prozesses auskristallisierte Quarz füllt noch den letzten freien Raum aus. Dann sind die einzelnen Mineralien (Quarz, Glimmer und Feldspäte) vollständig ineinander verzahnt und bilden ein lückenloses Gefüge.

Sedimentgesteine bestehen aus «Ablagerungsschutt». Dieser «Ablagerungsschutt» wird während dem Sedimentationsprozess mit Wasser durchströmt. Das in diesem Wasser gelöste Calcit und Quarz wird langsam ausgefällt und verkittet und verklebt die einzelnen Körner (Zementation). So wird aus dem losen «Ablagerungsschutt» ein festes, kompaktes Sedimentgestein.

Ohne Bindemittel geht nichts bei den Sedimentgesteinen

Durch chemische Ausfällung aus dem Porenwasser entsteht eine Art Zement. Es gibt vier verschieden „Zementarten“. Der kalkige Zement (Kalizumkarbonat CaCO3), der silikatische Zement (Siliziumdioxid SiO2), Tonmineralien und Oxide bzw. Hydroxide des Eisens (z.B. Hämatit und Goethit).

Die Körner des roten Buntsandsteins (oben) und des grauen Guntliweider Hartsandsteins (unten) werden durch kalkige Zemente zusammengehalten.

Konglomerate – ein Gestein aus Gesteinen

Ein Konglomerat ist in der Geologie ein grobkörniges, klastisches Sedimentgestein, das aus mindestens 50 % gerundeten Komponenten (Kies oder Geröll) besteht, die durch eine feinkörnige Matrix verkittet sind. Sind die Bestandteile eckig, spricht man hingegen von einer Brekzie.

4 verschiedene Konglomerate (von oben nach unten): Verrucano, Vert de Salvan, Rouge de Collonges, Nagelfluh

Bowen und Rosenbusch

Das abkühlende Magma erstarrt nicht plötzlich sondern sehr langsam. Jedes Magma ist ein Gemisch aus verschiedenen Verbindungen. Aus diesen Verbindungen werden bei verschiedenen Temperaturen und Drücken die einzelnen Mineralien auskristallisiert. Die Erstarrung beginnt mit dem Mineral mit dem höchsten Schmelz- und Erstarrungspunkt. Danach kristallisiert das Mineral mit dem nächstniedrigen Schmelzpunkt, und so weiter. Die Kristallisationsreihe sieht dann so aus (je nach Zusammensetzung des Magmas): Zuerst Olivin, dann Pyroxen, Hornblende, Glimmer, alles dunkle Mineralien – parallel dazu kristallisieren die hellen Mineralien wie Plagioklas und Alkalifeldspat…., und am Schluss der Quarz. Diese fraktionierte Kristallisation ist auf die Geologen Karl Heinrich Rosenbusch (1836 – 1914) und Norman Levi Bowen (1887 – 1956) zurückzuführen.

Feldspat, Quarz und Glimmer

Der Albtal-Granit ist ein grauer mittel- bis grobkörniger porphyrischer Biotitgranit. Hauptmerkmal sind die zahlreichen rosa Kalifeldspat-Grosskristalle, die bis 15 cm lang werden und einen Anteil von bis zu 30 % am Gesamtgestein bilden können.