Wie kam der Kies in die Kiesgrube?
Hitze, Regen und Frost verwitterten die Gesteine der Felswände in den Alpen. Bei Felsstürzen purzelten die Steine auf den Gletscher. Die eisigen «Förderbänder» transportierten den Gesteinsschutt aus den Tälern in die Ebene. Dabei wurden die Steine zerkratzt und erstmals abgerundet. Die Schmelzwasserflüsse der Gletscher rollten die Steine im Flussbett bis in die Kiesgrube. Als aufeinander gestapelte, runde Steine bilden sie den eiszeitlichen Schotter.
Der eiszeitliche Schotter von Ballwil und Eschenbach
Der Gesteinsschutt aus den Alpen wurde mit den eiszeitlichen Gletschern bis an die Hügelkette des Rooter- und Sonnenbergs transportiert. Einzelne Gletscherzungen zwängten sich durch die Täler des Rooterberges, auch durch das Götzental.
Die verwilderten Schmelzwasserflüsse rollten den Gesteinsschutt weiter nach Eschenbach und Ballwil. Die damalige Reuss floss durch das Seetal. Vor rund 20 000 Jahren, im Letzten Glazialen Maximum (LGM), stiess der Reussgletscher nochmals weit ins Mittelland vor und überfuhr den Schotter von Eschenbach und Ballwil.
Die Kieswand: Ein Abbild der Geröll- und Sandbänke der verwilderten Flüsse
«Verwilderte Flüsse sind sehr hochenergetische Fliessgewässer. Sie zeichnen sich aus durch ein Muster aus zopfartig verflochtenen Einzelrinnen, die bei Niederwasser Kies und Sandbänke umspülen. Bei Hochwasser dagegen sind die Kiesbänke untergetaucht und bewegen sich durch Vorschütten des Kieses in Strömungsrichtung des verwilderten Flusses, so dass die Flussfracht – einem gewaltigen Förderband gleich – stromabwärts verfrachtet wird. Unter hohen Strömungsgeschwindigkeiten bei Hochwasserspitzen werden Kolkwannen ausgespült, und mit nachlassender Strömung gegen Ende eines Hochwassers werden zuerst Grobkomponenten (Kies, wenn vorhanden Steine und Blöcke), mit abnehmender Strömungsgeschwindigkeit sukzessive feinerer Kies und am Schluss noch der Sand abgelagert. Betrachten wir die Aufschlüsse der Kiesgrube genauer, so erkennen wir, dass die verschiedenen Ablagerungen mannigfaltige, sich wiederholende Muster bilden, die Abbild zahlreicher solcher Hochwasserereignisse der sich beständig verlagernden Flussrinnen sind.»
Beat Keller, Geologie der Kiesgrube Eschenbach. Quelle: Josef Bucher, Kiesabbau in Eschenbach. Einwohnergemeinde Eschenbach, Juni 2015
Profil der Kiesgrube Ballwil
Die ersten Kiesgruben eröffneten eine Sicht in den Boden. Die verschiedenen Schichten (Moränen, Schotter und Molassefels) konnten an den Kiesprofilen abgelesen werden.
Warum stürzen die senkrechten Kieswände nicht ein?
Gletscherdruck
Der eiszeitliche Schotter in Ballwil und Eschenbach wurden von den vorrückenden Gletschern während der letzten Eiszeit mehrmals überfahren. Über Ballwil und Eschenbach war das Eis der Gletscher mehrere 100 Meter mächtig.
Diese gewaltigen Eismassen drückten die durch die Schmelzwasserflüsse der Gletscher lose geschütteten Gerölle und Sande zusammen. Der Schotter wurde kompakt.
Gesteinsbildung
Zusätzlich strömte durch den eiszeitlichen Schotter in den letzten 80 000 bis 100 000 Jahren Wasser, welches sich als beliebtes Trinkwasser in den Grundwasserseen sammelte. Die in diesem Wasser gelösten Mineralien fällten aus und «zementierten» die losen Gerölle zusammen. In der Geologie wird dieser Prozess als Frühform von Gesteinsbildung (Diagenese) bezeichnet. Dabei werden durch chemische und physikalische Prozesse lose Sedimente in Festgestein umgewandelt (Lithifikation).
Standfestigkeit
Dieser verkittete eiszeitliche Schotter hat zum Teil nagelfluhartiges Aussehen und ist sehr standfest. Nur Verwitterung durch Frost oder über die Kieswände hinabstürzendes Wasser können diese standfesten Kieswände erodieren.
Kompaktion
Der Schotter wurde durch die Auflast des Gletschers stark verdichtet. Diese glaziale Vorbelastung (Überkonsolidation) erzeugte enorme Reibungskräfte zwischen den Steinen. Diese Reibungskräfte ermöglicht beim Kiesabbau beinahe senkrechte Kieswände.
Hulahula River im Arctic National Wildlife Refuge, Alaska. Foto: Martin Lötscher
Zementation
Gelöste Mineralien im Wasser «verketten» die losen Gerölle der Schotter zusammen. Diese Zementation der einzelnen Komponenten gibt es in den meisten Sedimentgesteinen. Die Geologie bezeichnet dies als Diagenese. Durch weitere chemische und physikalische Prozesse (Druck und Hitze) werden lose Sedimente in Festgestein umgewandelt (Lithifikation).
Verkettung der Körner mit «Zementleim»
Das Konglomerat Nagelfluh ist ein Sedimentgestein. Nagelfluh ist wie Beton, nur stellt die Nagelfluh die Natur her. Ähnlich wie beim Beton werden die oft runden Gesteinskomponenten miteinander verkittet (zementiert).
Im Beton dient der Zement als Kette oder Bindemittel. Der Beton ist ein industriell hergestelltes Sedimentgestein.
Die Gerölle des Reussgletschers
Der Reussgletscher und die Schmelzwasserflüsse transportierten die Steine der Alpen weit ins Mittelland. In Ballwil kommen die Steine als Gerölle an. Sie sind gerundet und sehen alle ähnlich aus, grau bis beige. Oder nicht?
Gehe auf eine Entdeckungstour und erfahre, woher die Steine kommen und wie sie heissen. Der Alias Name bezeichnet den Charakter der Steine. Schaue den Steinen in ihr wahres Gesicht!
Welches sind Fremdlinge?
Zwei Steingesichter stammen nicht aus dem Einzugsgebiet des Reussgletschers und wurden nicht in der Kiesgrube Ballwil gefunden.
Name
Aare Granit
Alias
The Rock
Gesteinsart
Magmatisches Gestein
Alter
298 Mio Jahre
Name
Taveyannaz Sandstein
Alias
Der Gefleckte
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
32 Mio Jahre
Name
Seewenkalk
Alias
Der mit den Tonhäuten
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
90 Mio Jahre
Name
Schrattenkalk
Alias
Der Zerfurchte
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
125 Mio Jahre
Name
Der Rätselhafte
Alias
??
Gesteinsart
??
Alter
?? Mio Jahre
Name
Peccia-Marmor
Alias
Der Abfall
Gesteinsart
Metamorphes Gestein
Alter
200 Mio Jahre
Name
Nummulitenkalk
Alias
Der Batzenstein
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
150 Mio Jahre
Name
Nagelfluh
Alias
Der Recycelte
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
25 Mio Jahre
Name
Kieselkalk
Alias
Der Bahnschotter
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
130 Mio Jahre
Name
Habkerngranit
Alias
Der Exot
Gesteinsart
Magmatisches Gestein
Alter
unbekannt
Name
Gubersandstein – Schlierenflysch
Alias
Der Bsetzistein
Gesteinsart
Sedimentgestein
Alter
60 Mio Jahre
Name
Erstfelder Gneis
Alias
Der Umgewandelte
Gesteinsart
Metamorphes Gestein
Alter
450 Mio Jahre
Name
Chämleten Serpentinit
Alias
Der Grabstein
Gesteinsart
Metamorphes Gestein
Alter
500 Mio Jahre
Name
Stahlbeton
Alias
Der Industrielle
Gesteinsart
PK C 300 – C 30/37 -XC4 XF1 – Dmax32
Alter
35 Jahre
Name
Windgällen Porphyr
Alias
Das Leitgestein
Gesteinsart
Metamorphes Gestein
Alter
300 Mio Jahre
Lösung: Der Peccia-Marmor und der Stahlbeton stammen nicht aus der Kiesgrube